oliver pernhaupt

BEST OF BOTH. Oliver Pernhaupt, Robert Kneitschel
Kompositionelle Arrangements aus Daten- und Strandmüll, 2017


Die Ausstellung „Best of Both – Oliver Pernhaupt und Robert Kneitschel – Kompositionelle Arrangements aus Daten- und Strandmüll“ präsentiert zwei bislang unbekannte Künstler, die gemeinsam zu zeigen aus verschiedenen Gründen Sinn macht: Beide waren in den 1980er-Jahren Studenten an der Universität für angewandte Kunst, beide ergriffen einen vom Studium unabhängigen Brotberuf. Trotzdem blieben beide über die Jahre künstlerisch tätig. 

Jenseits dieser biografischen Parallelen ist Oliver Pernhaupt und Robert Kneitschel aber vor allem ihr wesentlichstes Arbeitsprinzip gemeinsam: Zufällig Gefundenes wird neu zusammengesetzt, arrangiert und komponiert, wobei erst die kontemplative Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ausgangsmaterial zur Konzeption der einzelnen künstlerischen Arbeiten führt.



Bei Oliver Pernhaupt ist das Ausgangsmaterial vor allem Strandgut aus Sardinien: Treibholz, Seile, Kunststoffteile, die Farben vom Salzwasser ausgewaschen, die Stofflichkeit korrodiert, die ursprünglichen Formen von der Wucht der Gezeiten geglättet und abgerundet. Aus diesen Fundstücken generiert er unterschiedliche Figuren – Tiere, Fabelwesen, Gnome, Engel oder Aliens. Oliver Pernhaupt selbst versteht sie als an sich funktionslose Gegenstände, „die aber psychisch etwas mit uns machen“. Diese spezielle Wirkung erzielt er durch knapp angedeutete „Körper“-Haltungen seiner Figuren, die in Sekundenbruchteilen vor dem geistigen Auge des Betrachters Individuen mit eigenen Charaktereigenschaften entstehen lassen, die oft komisch, dann aber auch rührend oder mitleiderregend wirken. In ihrer extremen formalen Reduktion und Zeitlosigkeit erinnern Oliver Pernhaupts Skulpturen bisweilen an Archetypen, bzw. an Kunstwerke archaischer Kulturen. In vielen Fällen drängen sich auch Assoziationen zur Objektkunst der Dadaisten und Surrealisten auf, zu Kurt Schwitters, Pablo Picasso und anderen.


Robert Kneitschel arbeitet mit zweidimensionalem Ausgangsmaterial, nämlich mit digitalen Fotografien: Zumeist sind es Aufnahmen von grafischen Strukturen wie Zäune, Gitter oder Raster, dann aber auch Fotos aus der Natur von Wolken, Blättern oder kahlen Bäumen, die er auf dem Bildschirm zu Tableaus arrangiert. Rhythmus, Dynamik, das Gleichgewicht von Farblichem und Formalem spielen bei diesen digitalen Assemblagen eine wichtige Rolle. Obwohl die verwendeten Fotos im weiteren Sinne gegenständlich sind, ergibt ihre Neuordnung eine abstrakte Komposition. Am Ende des jeweiligen Gestaltungsprozesses muss jedes Teilbild am einzig richtigen Platz verortet sein, wie bei einem Puzzle. Primäres Thema dieser Arbeiten ist für Robert Kneitschel das Sehen an sich. Den Millionen von Einzelbildern, die unser Hirn täglich verarbeitet, stellt er die Konzentration auf wenige Images und deren Neuinterpretation gegenüber und zwingt damit auch den Betrachter zu einer bewussteren Wahrnehmung.


So entsteht bei beiden Künstlern Neues beim Zusammensetzen von an sich unspektakulären Fundstücken. Gleichgültig, ob dabei aus wertlosem Strandmüll Skulpturen werden, die direkt an unser Innerstes appellieren, oder ob aus nüchternen digitalen Einzelaufnahmen ästhetisch ausgewogene Assemblagen entstehen, es geht immer darum, aus bereits Vorhandenem eine neue Realität zu generieren, allgemein kaum wahrgenommene Versatzstücke der täglichen Wirklichkeit durch einen Recycling-Prozess produktiv zu machen.


Ursula Storch



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